18.09.2019
Bislang einmalig in der Geschichte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, ist es heute bundesweit zu Streiks und Aktionen in zahlreichen ARD-Sendern sowie beim ZDF und beim Deutschlandradio gekommen. 3000 streikende Beschäftigte beim BR, WDR, SWR, MDR und NDR haben für unzählige Ausfälle und Beeinträchtigungen im Hörfunk- und Fernsehprogramm gesorgt. So war bereits seit Mitternacht das Hörfunkprogramm Bayern 2 auf Bayern 3 geschaltet und sendete kein eigenes Programm mehr. Später folgten weitere gravierende Störungen bei den BR-Hörfunksendern.
Von @verdibayern erreichen uns Infos über erste Beeinträchtigungen im 📻-Programm. @bayern2 und BR Klassik sind auf @bayern3 geschaltet, @b5aktuell wird derzeit vom Programmchef selbst moderiert. Und der #Streik in der #ARD hat gerade erst angefangen! 💪💪#jetzteinschalten pic.twitter.com/UFqzetgsUz
— ver.di im Rundfunk (@Rundfunk_verdi) September 18, 2019
Bereits zum dritten Mal in diesem Sommer musste dann am Morgen auch das vom WDR produzierte ARD-Morgenmagazin aus der Konserve gesendet werden. Dazu wurde die Sendung bereits eine Stunde vor dem eigentlichen Sendebeginn um 5:30 Uhr aufgezeichnet.
Nachdem @verdi_WDR dort diesen Sommer schon 2 x dafür gesorgt hat, dass die Lichter ausgehen, hat man beim MoMA diesmal vorgesorgt. Ist natürlich doof für‘s Team, das dafür extra eine Stunde früher aufstehen musste. Kann man machen, muss man aber nicht 🤷🏼♀️ #jetzteinschalten https://t.co/Q1PaMx8U47
— ver.di im Rundfunk (@Rundfunk_verdi) September 18, 2019
Grund für den historischen bundesweiten Ausstand sind die festgefahrenen Tarifverhandlungen. Die ARD-Sender sind mit ihren Angeboten bisher deutlich unter den Abschlüssen im Öffentlichen Dienst (ÖD) geblieben, der in den vergangenen Jahren als Maßstab auch für die Tarifsteigerungen im öffentlichen-rechtlichen Rundfunk galt. Die Beschäftigten befürchten nun eine Abkoppelung von der Lohnentwicklung im ÖD. „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit seinen Beschäftigten darf, wenn er seiner besonderen Aufgabe in unserer Demokratie gerecht werden soll, auch materiell nicht weiter geschwächt werden“ forderte der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke und kritisierte, dass sich allzu viele Verantwortliche in den Anstalten sowie in Landesregierungen und Landesparlamenten dem populistischen Druck von verschiedenen Seiten beugten, statt klar und deutlich für die Sender und die sichere Finanzierung von Programm und Beschäftigten zu kämpfen.
Zusammen mit den Berliner ver.di-Beschäftigten im Bereich Medien schickte auch der ver.di-Vize solidarische Grüße an die streikenden ARD-Mitarbeiter*innen:
Solidarische Grüße ✊✊✊von Euren Hauptamtlichen in Berlin und natürlich auch vom stellvertretenden @_verdi-Vorsitzenden Frank Werneke, an die Streikenden bei @ARD_Presse! #jetzteinschalten #streik #ARD @verdi_WDR @Verdi_im_NDR pic.twitter.com/tWld0Zb1cd
— ver.di im Rundfunk (@Rundfunk_verdi) September 18, 2019
Über 700 Beschäftigte des Bayerischen Rundfunks sind heute in einen 24stündigen Streik getreten.
***Update vom 19.09.2019: ver.di im Bayerischen Rundfunk musste die Zahl am Tag nach den Streiks nach oben korrigieren. Nach jetzigen Erkenntnissen beteiligten sich circa 1000 Menschen am gestrigen Ausstand, davon allein 700 an der zentralen Veranstaltung in München und 130 bei der Streikveranstaltung in Nürnberg.
Auf den Frequenzen der Hörfunkprogramme Bayern 2, B5 aktuell und BR Klassik lief seit dem frühen Morgen das Unterhaltungsprogramm Bayern 3, Bayern 1 konnte seit 11 Uhr keine eigenen Nachrichten mehr senden. Die digitalen Wellen BR Heimat, Bayern plus und PULS sendeten zwar ein eigenes, jedoch reduziertes Programm. Am Abend musste dann auch die geplante Championsleague-Übertragung auf B5 aktuell ausfallen.
Dass der Streik bereits Wirkung gezeigt habe, musste deshalb bereits am Vormittag auch der Verwaltungsdirektor des BR und Vorsitzende der Finanzkommission der ARD Albrecht Frenzel eingestehen.
Bereits gestern war der für heute geplante Drehtag für "Dahoam ist Dahoam" abgesagt worden, auch die gewerkschaftlich organisierten Schauspielerinnen und Schauspieler haben sich solidarisiert und unterstützten den heutigen Streik. Ebenfalls für heute abgesagt wurde die "Münchner Runde und das Polit-Magazin "Kontrovers" musste vorab aufgezeichnet werden.
Da ver.di unter anderem gemeinsam mit der Deutschen Orchestervereinigung (DOV) zu den heutigen Streiks aufgerufen hatte, beteiligten sich vielerorts, auch beim Bayerischen Rundfunk, zudem die Rundfunkchöre und -orchester an den Ausständen.
So probte das BR-Symphonieorchester heute öffentlich in Streikwesten und verlas dabei Statements. Auch das Münchner Rundfunkorchester hat in Streikwesten geprobt.
#DOV: Klangkörper #Orchester #Chor heute im #ARD #Streik u.a. in München, Köln, Stuttgart, Leipzig, Hamburg! @Rundfunk_verdi @DJVde pic.twitter.com/xGeig7Mk2M
— Gerald Mertens (@GMOrch) September 18, 2019
Abgesagt werden mussten die "Abendschau" sowie die Live-Sendung "Kabarett aus Franken". Die "Rundschau" war inhaltlich teilweise ausgedünnt, da mangels Personal auf Beiträge verzichtet werden musste, die "Frankenschau aktuell" wurde nicht gesendet. Im Regionalstudio Main-Franken hat kein einziges Produktionsteam seinen Dienst angetreten. Auf ARD-alpha musste das "Tagesgespräch" ausfallen. Auch die digitalen Plattformen im Web, die Apps und die sozialen Medien konnten nur eingeschränkt bedient werden. Fernsehhund Henry musste außerdem den Ausfall der Live-Sendung „Wir in Bayern“ ankündigen:
"Wir in Bayern"-Fernsehhund Henry 🐶 muss Euch mitteilen, dass die Livesendung "Wir in Bayern" im #BR heute ausfällt. Er ist aufgrund dringender Ver(.di)pflichtungen leider unabkömmlich 🤷♀️#jetzteinschalten könnt Ihr aber trotzdem: beim #Streik in der #ARD! pic.twitter.com/lyute8VK4t
— ver.di im Rundfunk (@Rundfunk_verdi) September 18, 2019
In einem Flugblatt hat sich ver.di im BR bei den Beschäftigten für den großen Einsatz und die hohe Beteiligung am Streik bedankt:
Beim Deutschlandradio ist ver.di bei dem einen oder anderen Bio-Käffchen mit gut 200 der insgesamt ca. 600 festen und freien Mitarbeiter*innen im Kölner Funkhaus ins Gespräch gekommen und hat über die laufenden Tarifverhandlungen informiert. In einer Befragung haben die Beschäftigten zudem ihre deutliche Streikbereitschaft sowie ihre Solidarität mit den Kolleg*innen in den bereits streikenden ARD-Anstalten erklärt.
Die ver.di-Kolleginnen und -Kollegen der Deutschen Welle in Bonn und Berlin waren am gemeinsamen Streik-Aktionstag die ersten, die den Streikenden in den ARD-Sendern ihre solidarischen Grüßen übermittelt haben.
Liebe @verdi_WDR- und @Verdi_im_NDR-Kolleg*innen, Eure Kolleginnen und Kollegen bei der Deutschen Welle stehen hinter Euch! Solidarity rules ✊✊✊ #jetzteinschalten #Streik #ARD https://t.co/XqDeMAf9yd
— ver.di im Rundfunk (@Rundfunk_verdi) September 18, 2019
Mehr Geld in Prozenten, eine Mindesterhöhung, ein Ticket für den Öffentlichen Nahverkehr in ganz Hessen? ver.di im hr hat die Beschäftigten gefragt, welche Forderungen sie in der kommenden Tarifrunde für besonders wichtig halten. Paralell zu den Streiks an mehreren Rundfunkanstalten beteiligten sich rund 500 Kolleginnen und Kollegen aus dem Hessischen Rundfunk an der Befragung des ver.di-Senderverbandes und füllten die Wahlurne mit ihren Vorschlägen. Beim hr gilt noch die Friedenspflicht, der Tarifvertrag für die Angestellten läuft noch bis Ende September. Das Ergebnis der Befragung wird demnächst veröffentlicht.
Außerdem gab es eine Soli-Botschaft an die Streikenden in den anderen ARD-Sendern.
Liebe #ARD-Streikende, auch Eure @_verdi-Kolleg*innen aus dem #HR schicken Euch solidarische Grüße: "Ihr seid super! Was Ihr auf die Beine stellt, ist phantastisch! Auf dass Ihr gestärkt in die nächsten Verhandlungen gehen könnt, alles Gute aus Hessen!" #jetzteinschalten #streik pic.twitter.com/F54dK3PX3E
— ver.di im Rundfunk (@Rundfunk_verdi) September 18, 2019
Zu einem eintägigen Warnstreik hat ver.di beim MDR in Leipzig aufgerufen. Daran haben sich bereits am Vormittag circa 250 feste und freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligt, am Nachmittag sind weitere 100 dazugekommen. Unterhaltung gab es vom Orchester, Verpflegung vom Würstchengrill.
Und so sieht der #ARD-#Streik übrigens gerade bei @MDRpresse in Leipzig aus: 250 feste und freie Mitarbeiter*innen stehen vor dem Haus der Intendanz 🗣️🗣️🗣️ #jetzteinschalten pic.twitter.com/NOYyBmm9gM
— ver.di im Rundfunk (@Rundfunk_verdi) September 18, 2019
Zum Glück streiken wir vielerorts gemeinsam mit der Deutschen Orchestervereinigung. So gibt's wie hier beim #MDR auch Musik zum #Streik in der #ARD. 🎶🎶🎶 #jetzteinschalten - es lohnt sich! pic.twitter.com/45h6YVTsWa
— ver.di im Rundfunk (@Rundfunk_verdi) September 18, 2019
Beim NDR haben an allen Standorten 550 Beschäftigte gestreikt, an der zentralen Streikversammlung in Hamburg haben sich rund 200 Kolleginnen und Kollegen beteiligt. Auch im NDR wurden die Streikenden durch das Orchester unterstützt.
Auswirkungen auf das Programm hatte der Streik etwa beim Schleswig-Holstein Magazin, das direkt aus dem Großraumbüro gesendet werden musste, weil, so das Moderator*innen-Team, "nicht genug Kollegen für die Studiotechnik" da seien. Sie informierten die Zuschauer*innen über die Gründe und verlasen die Forderungen der Gewerkschaften in den stockenden Tarifverhandlungen. Auch das Wetter war echte "Handarbeit" und musste auf einem Flipchart mit selbst gemalten Karten und Post-its für die Temperaturen präsentiert werden.
Bei Radio Bremen haben sich rund 100 Beschäftigte zu einer gemeinsamen Soli-Aktion bei einer Aktiven Mittagspause versammelt, um ihre streikenden Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen.
In einem Flugblatt hat sich der ver.di-Senderverband Radio Bremen, Bremedia, RB Media, BBH bei den Beschäftigten für die Beteiligung an der Aktiven Mittagspause bedankt: "Denn wir wissen: Ein möglicher Abschluss in den streikenden Sendern ist auch eine Richtschnur für uns!"
Aus dem rbb kam Unterstützung mit einem Info- und Protesttag sowie mehreren Flashmobs, an denen sich ebenfalls circa 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligt haben. Die Tarifverhandlungen mit dem Sender wird ver.di Ende Oktober aufnehmen.
#jetzteinschalten
— Atze Crosshill (@crosshillatze) September 18, 2019
Soliaktion von Ver.dianerInnen im RBB: „...streiken wir heute auch schon!?“ pic.twitter.com/YresolSIYg
🎶 Sender, rück die Kohle raus 🎶 Unsere Kolleginnen und Kollegen im #rbb haben zum ersten bundesweiten Streik- und Aktionstag im öffentlich-rechtlichen Rundfunk am 18.09. den ersten Gesangsflashmob in der Geschichte des Senders veranstaltet 😄 #jetzteinschalten #Streik #ARD pic.twitter.com/1ETKwoBEM8
— ver.di im Rundfunk (@Rundfunk_verdi) September 23, 2019
An einer Info-Veranstaltung zu den Tarifverhandlungen - inklusive Eiswagen - haben sich beim Saarländischen Rundfunk über 100 Beschäftigte beteiligt.
500 Beschäftigte haben sich seit heute Nachmittag am Ausstand im SWR beteiligt. Die Fernsehnachrichten in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz mussten ausfallen, stattdessen wurden die Nachrichten aus dem Saarländischen Rundfunk gesendet.
Warnstreik beim #SWR erfolgreich: Fernsehnachrichten in Baden-Württemberg & Rheinland-Pfalz ausgefallen, senden die vom Saarland. @DJVBW @_verdi #jetzteinschalten pic.twitter.com/1gFpzZf5Hv
— Markus Pfalzgraf (@ma_kuse) September 18, 2019
Um 16:30 Uhr ist die "Landesschau" in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ausgefallen. Die Live-Sendung vor den Landesnachrichten "Landesschau" fällt auch in Stuttgart aus. In Baden-Baden haben indes Streikende die Live-Sendung „Kaffee oder Tee“ geentert und sich vor der Kamera mit ver.di-Fahnen und Trillerpfeifen bemerkbar gemacht.
Der SWR selbst meldet Einschränkungen beim Verkehrsservice und im Fernsehen. Der ver.di-Landesbezirk Baden-Württemberg informiert über den Streik in einer Pressemitteilung.
Beim WDR sind die mittlerweile streikerfahrenen Kolleginnen und Kollegen bereits seit vier Uhr in der Früh im Einsatz und bestreiken mit 530 Beschäftigten 24 Stunden lang alle Betriebsteile sowie den Beitragsservice. Neben dem Morgenmagazin musste auch "Live nach 9" aus der Konserve gesendet werden. Zudem gab es erhebliche Probleme in den Studios.
Unser Vorsitzender @Gewerkschafter ruft auf zum vierten Warnstreik im #WDR. Heute wird aber nicht nur im WDR gestreikt. Jede Menge #ARD-Anstalten sind mit dabei. #Rundfunkgeschichte #jetzteinschalten pic.twitter.com/L633DraiGF
— ver.di WDR (@verdi_WDR) September 18, 2019
Mitgespielt hat auch beim WDR natürlich das Orchester.
Die Klankörper sind ein wichtiger Teil des WDR und sie sind natürlich Teil unserer Bewegung. #jetzteinschalten #WDR #Orchestervereinigung #DOV pic.twitter.com/DN5eP1Xilg
— Christof Büttner (@ch_bue) September 18, 2019
Das WDR Verbrauchermagazin „Servicezeit“ musste ebenfalls streikbedingt komplett ausfallen.
Das WDR Verbrauchermagazin „Servicezeit“ fällt streikbedingt komplett aus. https://t.co/jS4wakqmGB#Streik wirkt #jetzteinschalten #WDR #Warnstreik
— ver.di WDR (@verdi_WDR) September 18, 2019
Die ver.di-Kolleginnen und -Kollegen vom Lerchenberg haben in einer Soli-Aktion Flugblätter an die Beschäftigten verteilt und den Verantwortlichen in den Sendern stellvertretend durch die Mainzelmännchen die rote Karte zeigen lassen!
Wir senden eine🐘 Elefanten-großen- (ja auch von der Maus 🐭 ) - Solidaritätsgruß zurück! #Solidarität https://t.co/SyEmpR5blQ
— ver.di WDR (@verdi_WDR) September 18, 2019
Die Landesgruppe der bayerischen Bundestagsabgeordneten der LINKEN erklärt den Streikenden und Beschäftigten des Bayerischen Rundfunks ihre Solidarität im Warnstreik und bei den laufenden Tarifverhandlungen:
"Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks leisten wichtige und anspruchsvolle Arbeit. Das muss mit guten Arbeits- und Verdienstbedingungen honoriert werden. Gute Arbeit verdient gute Entlohnung! Wir begrüßen es, dass ver.di in der laufenden Verhandlungsrunde den berechtigten Forderungen der Beschäftigten durch einen Streik Nachdruck verleiht.
Der Bayerische Rundfunk sollte unter den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine Vorbildrolle bei guten Arbeitsbedingungen einnehmen, statt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die täglich das Programm erstellen, mit mageren zwei Prozent Tariferhöhung abspeisen zu wollen.
Guter Journalismus ist entscheidend für das Funktionieren der Demokratie. Euer Arbeitskampf hat deshalb Bedeutung für die ganze Gesellschaft.
Für die weiteren Verhandlungen wünschen wir Euch viel Durchhaltevermögen, Zusammenhalt und Erfolg!"
Ein Soli-Adresse an die Streikenden in den deutschen ARD-Anstalten kam außerdem von der UNI Global Union. Darin heißt es: "The global community of broadcasting unions affiliated to UNI Global Union stands in solidarity with colleagues on strike at German public broadcasters ARD and ZDF."