WDR-Freie

Tarifvertrag für den Producer

Realismus oder Sündenfall?
08.06.2015

Ein Beitrag von Manfred Kloiber, Bundesvorsitzender der Fachgruppe Medien

Unter den freien MitarbeiterInnen beim WDR und darüber hinaus schwelt eine zum Teil heftige Diskussion um den Producer. Da werden dann auch schon mal – zumindest unterschwellig – Vorwürfe gegenüber ver.di erhoben, die mit dem WDR verhandelte Ausgestaltung des Producers tatsächlich tarifieren zu wollen.

Dabei gehört es zu den selbstverständlichen Aufgaben der Tarifpartner im WDR, entstehende oder bereits existierende Berufe mit akzeptablen Mindestbedingungen über einen Tarifvertrag abzusichern. Leider wird die Diskussion nicht immer ganz fair geführt. Das ist zwar nicht ungewöhnlich für politische Auseinandersetzungen, zumal wenn sich eine konkurrierende Gewerkschaft mit verständlichen Daseins-Ängsten herumschlagen muss (btw: Wir von ver.di sind geschlossen gegen das Tarifeinheitsgesetz!) Doch müssen wir uns nicht jeden Vorwurf gefallen lassen.

Eine Regelung für „den oder die“ Producer, so, wie sie in verschiedenen Formen beim WDR zur Diskussion steht (es sind ja verschiedene Producer-Honorare für unterschiedliche Tätigkeiten „an der Schnittstelle zwischen Redaktion und Produktion“, z.B. die redaktionelle Begleitung von Live-Schalten, die Konfektionierung und Endfertigung von Nachrichtenfilmen oder auch die Koordinierung von Mitwirkenden und Dienstleistern bei Unterhaltungsshows) vorgesehen), ist ein zweischneidiges Schwert.

Die eine Seite des Schwertes spiegelt dabei einen Transformationsprozess in den elektronischen Medien wieder, den ver.di jedenfalls schon lange auf der medienpolitischen Agenda stehen hat. Tätigkeiten und Berufsbilder werden durch die fortschreitende Digitalisierung massiv verändert. Immer mehr Arbeitsschritte und Aufgaben werden von den Arbeitgebern so verdichtet, dass sie am Ende von einer Person statt von zwei, drei oder vier KollegInnen erledigt werden müssen. Und statt für diesen multifunktionalen und hochwertigen Einsatz bessere Löhne oder höhere Honorare zu zahlen, machen Rundfunkanstalten ebenso wie Verlage das glatte Gegenteil: Sie verlangen immer mehr und wollen immer weniger zahlen! Begründet wird das Ganze damit, dass die digitale Technik doch alles einfacher mache... Von diesem dramatischen Wandel können die RedakteurInnen im Printbereich schon seit Jahrzehnten ein Lied in der Endlosschleife  singen.

Auch die KollegInnen in der Hörfunk- und Fernsehproduktion stimmen ein. Und wie selbstverständlich trifft dieser Digitalisierungsdruck auch die Journalisten beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Immer mehr werden Inhalte für zahlreiche „Ausspielwege“ programmiert und konfektioniert, statt sie in kreativen Prozessen wirklich zu gestalten. Die Industrialisierung der elektronischen Medienproduktion ist angesagt und die Beschäftigten sollen diesem Trend natürlich folgen. „Crossmedia“ wird der nächste große Rationalisierungsschub schönfärberisch genannt.

Der Producer stellt also keinen Systemwechsel beim WDR dar– sondern eher das Gegenteil: Er ist die konsequente Fortsetzung einer Unternehmenspolitik, die die Gesetze des Kapitalismus unter allen Umständen in öffentlich-rechtlichen Kulturbetrieben durchdrücken will. So glauben die Intendanten und Direktoren dem Druck aus den Staatskanzleien, von der KEF und von großen Teilen der Verleger standhalten zu können.

ver.di hat immer gegen diese Politik der Entwertung von Medienarbeit Stellung bezogen und wird es auch weiter tun!