Wohl kaum. Es wird immer deutlicher, dass Fake News, Filterblasen und die zunehmende Beherrschung der Kommunikation durch Konzerne wie Google, Meta oder durch Einzelpersonen wie Elon Musk statt Informationsfreiheit immer mehr Lenkung und Einschränkungen nach sich ziehen. Das stellt eine Gefahr für die Pressefreiheit und die Basis demokratischer Gesellschaften dar.
Für den Umbau hat die ARD eine Steuerungsgruppe eingesetzt. Geplant ist die Bildung von „Poollösungen“ und „Kompetenzzentren“, d.h. die ARD-weite Zusammenlegung von Redaktionen und Hörfunkwellen. Es drohen Streichungen im Programm und von Arbeitsplätzen, im schlimmsten Fall eine Beschneidung der Rundfunkfreiheit und eine Bedrohung von unabhängigem Journalismus.
Die ver.di-Verbände der ARD haben sich deshalb zusammengetan, um gemeinsam und senderübergreifend die Idee des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu stärken, einen Qualitätsverlust im Programm zu verhindern sowie den Erhalt unserer Arbeitsplätze zu sichern.
Entschieden werden muss in der ARD aber nicht nur über Kürzungen, sondern auch, in welche Felder die ARD ihre vermutlich knapper werdenden Mittel künftig lenken wird. In technische Projekte soll investiert werden, am Programm aber gespart. Woher aber sollen dann attraktive öffentlich-rechtliche Inhalte für neue Ausspiel-Plattformen kommen? Unklar! Hierfür fehlt ein schlüssiges Konzept.
„Die ARD hat die größte Reform ihrer Geschichte angepackt“, tönte es am 03. März im NDR-Intranet. Die Steuerungsgruppe sei: „Ein diverses, interdisziplinär zusammengesetztes Team mit ganz unterschiedlichen Lebensläufen. Jede der neuen Landesrundfunkanstalten hat ein Mitglied entsandt“. Und weiter: „Im Team arbeiten Menschen mit Programmkompetenz, aus den Bereichen Strategien, Intendanz, Finanzen, Distribution und Digitaljournalismus.“ Es geht um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit etwa 50.000 Mitarbeitenden. Und in keinem der beiden eilig zusammen gestellten Reformer-Gremien sind Vertreter*innen der Belegschaften vertreten - weder Personalräte noch Gewerkschaften.
Politiker*innen – vor allem von rechts und aus dem liberalen Lager – fordern schon lange hartnäckig, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk sich verändern müsse. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs, die KEF, stimmt mit ein. Kein Wunder, die 16 Mitglieder der KEF werden von den Regierungschefinnen und -chefs der Länder berufen, also von Politiker*innen. In ihrem Spar-Eifer überschreitet die Kommission ihre rechtlichen Kompetenzen, indem sie sich sogar in unsere Renten- und Gehaltsfragen einmischt, für die das Grundgesetz Tarifautonomie der Verhandlungsparteien garantiert.
Über konkrete Einsparungen will die ARD-Steuerungsgruppe jetzt im Eiltempo entscheiden. Künftig soll in der ARD nicht mehr jeder alles machen. Man könne die Arbeit stärker teilen und in „Kompetenzzentren“ bündeln. So könnten etwa regionale Gesundheits- oder Verbrauchersendungen zentral für alle dritten Programme produziert, Inforadios, Jugendradios und Schlagerwellen bundesweit zusammengelegt werden. Die Intendant*innen beschneiden jetzt also selbst ihr Programm, auf das die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) gar keinen Zugriff hätte! Für die Beschäftigten ist das demoralisierend, für den Stellenwert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in unserer Demokratie ein fatales Signal.
Die offenbar geplanten Einschnitte im Programm bedeuten auch einen weiteren Wegfall von Beschäftigung - zunächst natürlich in den Programmbereichen selbst, in der logischen Folge aber auch in Produktion und Verwaltung. Es gibt bislang nur vage Bekenntnisse, man werde die Belegschaften der Sender beizeiten über die Entscheidungen informieren. Wann und mit welchem Vorlauf betroffene Kolleg*innen etwas über den Wegfall ihrer Tätigkeitsfelder und Aufträge erfahren werden, ist unklar. Auch, wie und ob es dann für sie überhaupt weitergehen wird.
Die angekündigten Einschnitte sind für die Belegschaften besorgniserregend – für Festangestellte wie Freie. Unbefristet angestellte Kolleginnen und Kollegen müssen sich fragen, WO und WIE sie demnächst in ihren Sendern arbeiten werden. Befristete fragen sich, ob sie überhaupt noch Perspektiven in ihren Häusern haben. Und bei arbeitnehmerähnlichen Freien ist zu befürchten, dass die vielfach nicht gesicherte Beschäftigung für Tausende in prekäre Jobs umschlagen oder gar den wirtschaftlichen Existenzverlust bedeuten könnte. Als erstes werden sich vor allem freie Journalist*innen, denen sich die Möglichkeit bietet, vielfach aus den Anstalten hinaus oder ganz weg vom Journalismus orientieren – darunter ehemalige Volontärinnen und Volontäre, die mit großem Aufwand sehr gut ausgebildet worden sind. Schon jetzt fehlen in einigen Redaktionen erfahrene Autor*innen. Auch andere Fachkräfte sind knapp, etwa Personal in Regieräumen, Cutter*innen, Social-Media-Redakteur*innen, IT-Fachkräfte und andere Spezialist*innen.
Es geht ver.di nicht darum, einen Wandel zu verhindern, dort wo er wirklich erforderlich ist, weil etwa das Mediennutzungsverhalten sich ändert. Aber die Intendant*innen der ARD müssen soziale Verantwortung für alle Beschäftigten übernehmen und dürfen niemanden fallen lassen.
Gerade jetzt im Umbruch ist es wichtig für die Sender, ihre Mitarbeitenden zu halten, indem sie ihnen verlässliche Beschäftigungs-Garantien geben und berufliche Entwicklungsperspektiven aufzeigen, um die Qualität des Programms zu sichern. Denn auch das fordert die Rundfunkkommission der Bundesländer: Ein qualitativ GESTÄRKTES Programm, nicht ein beschnittenes. Es geht um die Versorgung der Bevölkerung mit unabhängigen Informationen und Unterhaltung – und um die Pressefreiheit als Grundlage für Bildung und Meinungsfindung.
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