Fünf ver.di-Thesen

Die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Fünf ver.di-Thesen
01.03.2014

Zur Ministerpräsidentenkonferenz im März 2014 hat die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) den Länderchefs ein Thesenpapier zugestellt. Darin macht ver.di deutlich, dass das bestehende System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks etlicher Verbesserungen bedarf, wenn es auch in Zukunft noch relevant sein und seinem gesellschaftlichen Auftrag gerecht werden soll.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland leistet noch immer Beachtenswertes - von der Versorgung mit unabhängiger Informationen bis hin zu guter Unterhaltung. Trotzdem finden die Angebote bei den Jüngeren immer weniger Anklang. In Teilen der Politik, der Wirtschaft oder bei einigen Zeitungsverlegern haben die Öffentlich-Rechtlichen sogar mit massiver Gegenwehr zu kämpfen. Im Internetzeitalter bedarf es aber nicht des Abbaus öffentlich-rechtlicher Inhalte, sondern vielmehr einer Stärkung. Dazu sind aber Veränderungen nötig“, erklärte Frank Werneke, stellvertretender ver.di-Vorsitzender. „Ein Rundfunk, der von der Allgemeinheit finanziert wird, muss nicht nur mit Unabhängigkeit, Vielfalt und Qualität überzeugen, er muss auch alle Bevölkerungsschichten erreichen.“

Das vom ver.di-Bundesvorstand beschlossene Thesenpapier formuliert auf den fünf wichtigsten Themenfeldern Anforderungen sowohl an die Politik als auch an die Sender selbst, wie ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk gestaltet sein muss, damit er leistungsfähig bleibt und weiterhin Akzeptanz findet. Sie umfassen dabei die Aspekte Finanzierung, Qualität, Arbeitsbedingungen, Verbreitung und Gremienkontrolle.

 

  • These 1

    Finanzierung: Laut ver.di hat Werbung unbestritten Einfluss auf das Programm. Die formulierte Konsequenz: „ver.di hält deshalb grundsätzlich ein werbefreies öffentlich-rechtliches Fernsehen für ein wichtiges Ziel.“ Zugleich werden aber die damit verbundenen Schwierigkeiten benannt: freiwerdende Programmflächen müssten gefüllt, wegfallende Werbeeinnahmen finanziell durch den Rundfunkbeitrag kompensiert werden. Das heißt: ver.di wünscht sich zwar mittel- bis langfristig einen Werbeverzicht im TV, allerdings nur, wenn die damit entstehenden Mehrbelastungen ausgeglichen werden.

     

  • These 2

    Qualität: ver.di rügt die Quote als „schlagendes Argument vieler Programmmacher“. Denn was viele sehen wollen, müsse schon irgendwie gut sein. Gefordert werden deshalb von den Rundfunkanstalten mutigere Formate und vielfältigere Inhalte und gerade in der Unterhaltung eine breitere Themenpalette abseits der „ewig gleichen Gutshausidylle“. Wie man das schafft? Vorgeschlagen werden Testlabore, Kreativitätsfonds oder Experimentierfelder in Dritten Programmen und Spartenkanälen.

     

  • These 3

    Arbeitsbedingungen: ver.di attestiert den Öffentlich-Rechtlichen eine Abwärtsspirale, die „in den letzten Jahren in vielen Fällen zu einem unerträglichen Kosten- und Arbeitsdruck geführt“ habe, „der Qualität sichtbar leiden lässt“. Für die Gewerkschaft sei aber klar, dass ARD und ZDF als öffentliche Unternehmen eine besondere soziale Verantwortung für alle Beschäftigten im Produktionsprozess hätten. Deshalb fordert ver.di neben ausreichenden Produktionsbudgets, die Qualität ermöglichen, den Schutz von Urheberrechten und die gleichwertige Bezahlung aller Mitarbeitenden im Sinne des „Equal Pay“ – ob Festangestellte, Freie, Subunternehmer oder Leiharbeitnehmer.

     

  • These 4

    Verbreitung: Öffentlich-rechtliche Programmangebote müssen auf allen relevanten Verbreitungswegen auffindbar sein. Dabei liegt laut ver.di ein besonderer Schwerpunkt auf den Onlineangeboten, die als eigenständige dritte Säule neben Hörfunk und Fernsehen anzuerkennen seien. Vor allem gelte es, die „künstliche Verknappung“ von öffentlich-rechtlichen Inhalten im Netz durch die Sieben-Tage-Frist und die Depublikationspflicht abzuschaffen. An dieser Stelle äußert sich ver.di auch zu einem Jugendkanal, der bei entsprechender finanzieller Ausstattung eine Möglichkeit sein könne, „junge Erwachsene zu gewinnen, denen das Hauptprogramm zu wenig anbietet“.

     

  • These 5

    Gremienkontrolle: Laut ver.di sind die Gremien „Begleiter und Kontrollorgan in einem“ und ihre Arbeit ist kein Selbstzweck, sondern dient der Öffentlichkeit. Aus diesem Grund wird nicht nur eine offensivere Öffentlichkeitsarbeit verlangt, sondern auch transparentere Gremien durch öffentliche Sitzungen sowie zugängliche Tagesordnungen und Protokolle. Zugleich sollten die Befugnisse der Gremien erweitert, z.B. neben der Wahl des Intendanten auch die der obersten Geschäftsführungsebene, und ihre Kompetenzen durch Weiterbildungen und Mentoringprogramme ausgebaut werden.